10 Fragen an den Zuchtleiter Sachsens und Geschäftsführer des PZV Sachsen-Thüringen e.V.

Christian Kubitz ist seit dem 1. Dezember 2019 Zuchtleiter in Sachsen und Geschäftsführer des PZV Sachsen-Thüringen e.V.. Er ist auf dem landwirtschaftlichen Familienbetrieb mit Milchproduktion und Pferdehaltung in der Altmark aufgewachsen. Als langjähriger aktiver Jungzüchter, geprägt durch den Großvater, ist er der Pferdezucht stark verbunden. 2006 beendet er sein Studium der Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Nutztierwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bis 2010 war er Mitarbeiter im Studmanagement des britischen Vollblutgestütes Newsells Park Stud Ltd. der Familie Jacobs. Eine weitere Station seines beruflichen Werdegangs war die Assistenz der Geschäftsführung beim Deutschen Holstein Verband e. V. in Bonn. Danach war Herr Kubitz bis zu seinem beruflichen Eintritt beim Pferdezuchtverband SachsenThüringen e. V. Fachreferent bei der Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w. V. in Verden/Aller im Geschäftsbereich Biometrie / Zuchtwertschätzung. Herr Kubitz ist seit 25 Jahren Mitglied des Trakehner Verbandes e.V..

1. Herr Kubitz, gerne möchten wir Sie näher kennenlernen: Wer ist der Mensch Christian Kubitz, was meinen Sie, sind Ihre großen Stärken?
Ich hatte schon sehr früh den Wunsch, in der Tierzucht zu arbeiten. Durch die Verbundenheit zur Pferdezucht war für mich der Weg dorthin vorgezeichnet. Ich hatte das große Glück Menschen kennenzulernen, von denen ich auf Grund ihres großen hippologischen Wissens viel lernen konnte und deren Persönlichkeiten mich nachhaltig prägten. Meine Person würde ich als sehr bodenständig, zielorientiert, standfest und geradlinig beschreiben. Ich denke, dass ich auch über eine gute Beobachtungsgabe verfüge. Neben einer hohen Motivation, bringe ich meiner Arbeit im PZVST auch sehr viel Respekt entgegen. Aber ich denke, dass ich aus meinem bisherigen Werdegang sehr viele Erfahrungen in der Praxis und Theorie sammeln konnte, um den Pferdezuchtverband Sachsen-Thüringen e. V. weiter mit voranzubringen.

2. Können Sie schon eine erste Einschätzung abgeben: Was macht Sachsen als Standort der Pferdewirtschaft aus?
Anfang Dezember habe ich meinen Stuhl besetzt und von meiner Vorgängerin Antje Lembke ein hochmotiviertes und fachlich kompetentes Team im PZVST übernommen. Zum Anderen haben wir in Thüringen und Sachsen Züchter mit einer großen Passion. Die sächsische, aber auch die thüringische Züchterschaft erfahren darüber hinaus durch ihre Landesregierungen in unterschiedlicher Form eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit. Eine Studie von Frau Dr. Münch zur Pferdewirtschaft in Sachsen zeigt, dass hohe Potential für den Standort auf. Ich denke, dass insbesondere die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Sächsischen Gestütsverwaltung, den Ministerien und auch den Landesanstalten der beiden Freistaaten ein und die Landesverbände Pferdesport ganz wesentlicher Standortvorteil in Sachsen und Thüringen ist. Die Förderung von Pferdezucht und Pferdewirtschaft wurde explizit im aktuellen sächsischen Koalitionsvertrag verankert, ein Umstand welcher mir in der Form aus anderen Bundesländern nicht bekannt ist und die positive Haltung der Politik zum Pferd im Freistaat eindrucksvoll unterstreicht. Zu erwähnen ist sicherlich auch die breite und qualitätsvolle Rassevielfalt im Zuchtgebiet, welche es den Züchtern und der Vermarktung ermöglicht, auf Änderungen am Markt flexibel zu reagieren und stets beste Zuchtprodukte für alle Sparten anbieten zu können.

3. Sie sind nun seit rund vier Monaten Zuchtleiter Sachsen und Geschäftsführer des PZV Sachsen-Thüringen e. V.: Was macht aus Ihrer Sicht die Pferdezucht und was die Pferdezüchter und Mitglieder des PZV aus?
Auf den Zuchtvereinssitzungen habe ich viele unterschiedliche Züchter kennen lernen dürfen, die auch aus den unterschiedlichsten Gründen Pferdezucht betreiben, sie alle eint jedoch die Passion für die Pferde und deren Zucht. Die Qualität des Stutenbestandes würde ich als sehr gut bezeichnen. Da ich mich seit langem intensiv mit der Sportpferdezucht befasst habe, fand ich es sehr interessant das breite Rassespektrum in diesem Zuchtverband kennenzulernen und mich in die einzelnen Besonderheiten einzuarbeiten. Als Mitglied der Körkommission konnte ich mir bereits im letzten Jahr einen ersten Überblick über den Stand der Zucht bei den Rassen Sächsisch-Thüringisches Schweres Warmblut und den Rheinisch-Deutschen Kaltblütern den ich als Altmärker verbunden bin, machen. Besonders die qualitätsvolle Zucht beim Schweren Warmblut und mit welchem Enthusiasmus sich die Züchter und auch die beiden Freistaaten der züchterischen Weiterentwicklung und der Erhaltung dieser Rasse verschrieben haben, begeistert mich. Auf den Zuchtvereinssitzungen durfte ich auch die vielen Erfolgspferde im internationalen und nationalen Dressur- und Springsport aber auch Fahrsport vorstellen. Sowohl die Zuhörer als auch ich konnten sich in diesem Rahmen davon überzeugen, dass unser Zuchtverband über einen wettbewerbsfähigen und qualitätsvollen Stutenbestand mit entsprechend leistungsfähiger Nachzucht verfügt, auf den die Züchterschaft stolz sein kann und optimistisch in die Zukunft blicken lässt.

4. Wo steht der PZV aus Ihrer Sicht heute? (Was läuft gut, wo sehen Sie Herausforderungen?)
Ich denke, dass unser Pferdezuchtverband grundsätzlich gut aufgestellt ist. Das damalige Ehrenamt des Pferdezuchtverband Sachsen und Thüringen e.V. handelte mit der Fusion der beiden Zuchtverbände Sachsen und Thüringen sehr vorausschauend und es konnten Synergieeffekte für beide Zuchtgebiete erzielt werden. Einige Pferdezuchtverbände in Deutschland griffen in der Folge die Idee auf und folgten dem Beispiel unseres Zuchtverbandes. In den vergangenen Jahren hat in der Pferdezucht ein großer Strukturwandel eingesetzt. Vordergründig haben wir es zunehmend mit einer sehr heterogenen Züchterklientel mit individuellen züchterischen Vorstellungen zu tun. Auch die Anforderungen der Kunden haben sich geändert, der vermeintliche Olympiasieger liegt nicht allein im Fokus, sondern vielmehr auch der zuverlässige Partner für den Breitensport dessen Interieurqualitäten oftmals dem sportlichen Talent beim Kauf vorangestellt werden. Für das Hauptamt bedeutet dies meiner Meinung nach, dass sich ein Pferdezuchtverband als kompetenter Ansprechpartner in Fragen der Pferdezucht, Pferdehaltung und Vermarktung etablieren muss welcher zunehmend eine beratende Funktion einnimmt. Dies beinhaltet für mich auch, dass die Züchter in ihrem Zuchtverband einen verlässlichen Partner sehen müssen mit welchem sie sich identifizieren können. Dies stellt auch immer höhere Anforderungen an das Ehrenamt. Zum einen ist das übergeordnete politische und gesellschaftliche Umfeld richtungsweisend, aber auch die Beurteilung und Entscheidung züchterischer Fragestellungen. Darüber hinaus sind die operativen Geschäfte des Verbandes wirtschaftlich und vorausschauend zu planen um auch in Zukunft als feste Stütze und akzeptierter Ansprechpartner den Züchtern zur Verfügung stehen zu können.

5. Was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Aufgaben des PZV, heute und morgen?
Wie schon angesprochen findet ein Strukturwandel in der Pferdezucht statt. Damit meine ich, dass die Generation der jüngeren Züchter nicht mehr zwingend einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat, sondern oftmals Quereinsteiger in der Pferdezucht und Pferdehaltung sind. Es ist damit zunehmend wichtig, als Zuchtverband kompetent und serviceorientiert aufzutreten und den Züchtern vermehrt beratend und unterstützend zur Seite zu stehen. Es muss die Kernaufgabe des Zuchtverbandes sein den Züchtern möglichst viele Informationen für ihre züchterischen Entscheidungen und Ziele zur Verfügung zu stellen und diese im Bedarfsfall auch transparent und erklärend kommunizieren zu können. Darüber hinaus ist die enge Zusammenarbeit mit der Sächsischen Gestütsverwaltung, den Pferdesportverbänden sowie dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie weiterhin von größter Wichtigkeit, um einen aktuellen Wissenstransfer für die Züchterschaft zu gewährleisten. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Einbindung unseres Zuchtverbandes in die Arbeitsgemeinschaft der Süddeutschen Pferdezuchtverbände und deren Vermarktungs-GmbH sehr gute Vermarktungsmöglichkeiten für das Deutsche Sportpferd bietet. Es gilt aber auch die Vermarktung unseres gesamten Rasseportfolios weiter auszubauen und entsprechende Plattformen zukunftsträchtig zu installieren um alle Züchter rasseübergreifend beim Verkauf ihrer Zuchtprodukte bestmöglich zu unterstützen.

6. Nun zum alles überschattenden Thema: Corona! Wie hat der PZV auf die mit der Corona-Pandemie einhergehenden staatlich verordneten Maßnahmen reagiert?
Die Einschränkungen aufgrund der COVID-19 Pandemie haben – wie alle anderen Zuchtverbände auch – unseren Zuchtverband unerwartet ereilt. In unseren Geschäftsstellen wurde darauf umgehend reagiert, um die Erreichbarkeit und den Informationsfluss für die Züchter gleichzeitig aber auch die Sicherheit der Mitarbeiter sicherzustellen. Die Mitglieder des Verbandes wurden zudem stets über aktuelle Entwicklungen auf unserer Homepage informiert. Weiterhin stand und stehe ich hierzu in engem Kontakt mit den Ministerien der Freistaaten. Derzeit planen wir vorbehaltlich der Einschränkungen durch COVID-19 die Durchführung der anstehenden Zuchtveranstaltungen, selbstverständlich unter Wahrung entsprechender Verhaltens- und Hygieneregeln. Auch die Verkaufspferdewoche soll aufgrund der sehr guten Nachfrage durch Beschicker und Käufer mit einem entsprechend angepassten Ablaufplan stattfinden. Darüber hinaus stehen wir auch im engen Austausch mit der SÜDDEUTSCHE PFERDEZUCHTVERBÄNDE VERMARKTUNGS GMBH welche für unsere Züchter als zusätzliche Vermarktungsoption Online-Auktionen sowohl ein Fohlenportal anbietet bzw. anbieten wird.

7. Was bedeutet die Corona-Epidemie ganz konkret für die Mitglieder und Züchter der PZV, aktuell und zukünftig?
Aktuell denke ich sind die Einschränkungen für die Züchter noch vertretbar. Es sind zwar einige Veranstaltungen ausgefallen, dies war aber noch in einem überschaubaren Rahmen. Im Gegensatz dazu sind die Einschränkungen für den Turniersport sehr deutlich. Wie alle Unternehmen in der jetzigen Lage, müssen auch wir unseren Haushalt im Blick haben und umsichtig agieren. Dies bedeutet aber nicht, dass wir im Stillstand verharren sollten, sondern an den Zielen, den Verband weiterzuentwickeln, weiterarbeiten. Ich denke, dass diese Krise auch zeigt, dass wir mit unserem „kleinen“ Verband flexibel aufgestellt sind. Wie sich die Wiederbelebung der Wirtschaft gestaltet, ist noch nicht konkret abzusehen. Natürlich ist auch die Pferdezucht daran eng angelehnt. Aber ich bin optimistisch, dass wir gestärkt aus der Krise herausgehen können.

8. Bieten sich möglicherweise für den PZV mittelfristig auch Chancen?
Ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass man aus dieser Herausforderung auch neue Impulse bekommt, um gegenwärtige Abläufe und Strukturen zu optimieren. Die Einführung des Portals Pferdezucht-Online Anfang Mai wird bei der Organisation der Veranstaltungen beispielsweise sehr hilfreich sein.

9. Herr Kubitz, wenn Sie an 2030 denken: Zu was für einem Verband möchten Sie den PZV entwickelt haben?
Ich denke da an einen weiterhin durch die breite Züchterschaft getragenen Zuchtverband, der auch die Wege der Digitalisierung weiter beschreitet und in dem – wie in bewährter Weise – der Service gegenüber seinen Mitgliedern an erster Stelle steht. Dazu zählt für mich ganz wesentlich der persönliche und enge Kontakt zur Züchterschaft. Zum anderen bin ich davon überzeugt, dass man auch ein motiviertes und sachkundiges Team benötigt, welches – wie bisher – den Anforderungen in züchterischen Fragen, aber auch in der Vermarktung gerecht wird. Die Vermarktung für das gesamte Rassespektrum ist weiter zu optimieren. Sehr interessant waren für mich hierzu auch die ersten Kontakte zum Verband der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland e.V. Der Pferdezuchtverband muss bei einem gesellschaftlichen oder politischen Wandel weiterhin gute Rahmenbedingungen für die Pferdezucht erhalten. Daher ist die enge Zusammenarbeit mit allen staatlichen Institutionen für die Pferdezucht und Pferdehaltung weiterhin entscheidend. Das Vorhaben der Weiterentwicklung des Verbandes sollte das verantwortliche Ehrenamt gemeinsam mit der Geschäftsstelle umsetzen.

10. Auf ein Wort: Möchten Sie Ihren Mitgliedern noch etwas mit auf den Weg durch die Corona-Krise geben?
Insgesamt ist der Pferdezuchtverband Sachsen-Thüringen e. V. ein sehr gut aufgestellter Pferdezuchtverband mit einer starken Züchterschaft. Die Infrastruktur innerhalb der beiden Länder mit den unterschiedlichen Bereichen der Pferdewirtschaft befindet sich mitten im Transformationsprozess ist aber gleichzeitig gut aufgestellt. Die Zusammenarbeit im Hauptamt und mit allen Ministerien ist sehr eng und man versucht einen gemeinsamen Weg zu gehen. Ich bin voller Zuversicht, dass unsere Züchter und unser Zuchtverband gestärkt aus der Krise herausgehen. Der Zuchtverband Sachsen-Thüringen e. V. hat in den vergangenen Jahren schon mehrfach viel Mut bewiesen und ist für die Zukunft gut gerüstet. Wir sind für unsere Züchter da und sind jederzeit für sie erreichbar. Wir hoffen, dass wir die Krise gemeinsam gut bewältigen und uns bald wiedersehen können, um gemeinsam unsere Passion der Pferde und Pferdezucht zu leben.


Foto: Oliver Klüsener, Christian Kubitz und Heinrich-Hermann Engemann